Arantzazu Saratxaga Arregi

Programmierte Hoffnung, ein Bericht und eine Besuchseinladung.

Am 1. April besuchte ich die Ausstellung „Programmierte Hoffnung“, „die erste umfassende und systematische Untersuchung der Bauabteilung an der HfG Ulm“ (Katalog 2025: 27). Basierend auf den reichen Beständen des Archivs dieser Hochschule für Gestaltung (HfG), von denen ein Teil mit dieser Ausstellung erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, bietet sie einen fundierten Überblick über Geschichte, Lehrmethoden und zukunftsweisende Konzepte dieses bislang wenig erforschten Fachs. Dank gilt den Kuratoren der Ausstellung Dr. Chris Dähne (Goethe-Universität Frankfurt am Main), PD Dr.-Ing. Helge Svenshon (Technische Universität Darmstadt) und Dr. Martin Mäntele (Leiter des HfG-Archivs) für ihre großartige Arbeit.

# Geschichte

Otl Aicher und Inge Scholl sollen mit Max Bill (Mäntele 2025: 57) über ihre Idee gesprochen haben, eine Geschwister-Scholl-Hochschule zum Gedenken an die von den Nationalsozialisten ermordeten Geschwister Hans und Sophie Scholl zu gründen. Aicher, Scholl und Bill, der das Hauptgebäude entwarf, übernahmen die Gründung der Hochschule, die von der Mitte der 1950er-Jahre bis zu ihrem Ende 1968 eine der wichtigsten Hochschulen für Industriedesign der Nachkriegszeit war.

# Modellierung von Gesellschaft und Systemen: Curriculum

An der HfG Ulm entwickelte sich ein neues Architekturverständnis, das stark von neuen wissenschaftlichen Methoden und technischen Innovationen geprägt war. Es begann mit einem traditionellen Ansatz der Architektenausbildung bei Max Bill, der sich mit Konrad Wachsmann wandelte und mit Herbert Ohl den Schwerpunkt auf das industrialisierte Bauen legte.

Der Bezug zum einstigen Bauhaus in Dessau ist offensichtlich. Der Name der Hochschule für Gestaltung trägt die Zusatzbezeichnung des Staatlichen Bauhauses in Dessau, „Hochschule für Gestaltung“, nachdem Walter Gropius gefragt wurde, ob es in seinem Sinne sei, den vollen Namen, nämlich Bauhaus, zu übernehmen. Scholl, Aicher und Bill, so die zurückhaltende Antwort, machten diesen Zusatz geeignet. Ebenso bestand Aicher auf der Besonderheit der HfG Ulm, „kein zweites Bauhaus, keine Wiederholung“ (zitiert nach Mäntele 2025: 58) zu sein.

# Programmierte Hoffnung: Als die Information, die die Kommunikation zur Hoffnung beigetragen hat, programmiert.

Innovation hatte nicht den Anspruch, der Zukunft nach dem Muster moderner Funktionsoptimierung zu folgen. Innovation bedeutete für Ulm, Modelle, Strukturen und Konstruktionen für eine Welt der Zukunft zu entwerfen. Vielmehr lag der Schwerpunkt der Innovation auf der Notwendigkeit, Hoffnung durch und mit systemischem Denken, Kybernetik, visuellen Methoden und Informationsästhetik zu gestalten. Claude Schnaidt, ehemaliger Dozent im Erziehungsfakultät, prägte 1964 den Begriff „prefabricated hope“.

Hoffnung war kein ethischer Wert, wenn man sie als praktische Handlungskategorie betrachtet, sondern eine Utopie: „Hope as a driving force for societal change and progress“ (Katalog 2025: 25). Ernst Bloch besuchte die Schule 1964.

Blochs Philosophie der Hoffnung sollte sich als roter Faden durch die Strukturen und Konstruktionen einer noch zu schaffenden Gesellschaft ziehen. Die Philosophie der Hoffnung war eine Inspirationsquelle für die Gestaltung wissenschaftlicher Disziplinen, wie die „Futurologie“. Die zukunftsorientierte Gestaltungsdisziplin wurde zum Gegenstand von Forschung und Lehre an der Hochschule. In Anlehnung an Herbert Ohl schrieb er einmal:

„If one question reality today and sets aside social, economic, and technical occurrences, one will invariably find oneself compelled to design utopias. These (…) can nevertheless possess the character of insightful experiments and assume the function of role models“ (zit. nach Katalog 2005: 26).

# Kybernetik & Informationsästhetik: Wege zur Utopie

Die Kybernetik stand damals nicht nur im Dienst der operativen Forschung oder der Steuerungspolitik. Sie diente auch dem Entwurf von Modellen und Strukturen für eine Welt der Zukunft. Die HfG Ulm war ein Nischenlabor für utopisches Gestalten mithilfe von Kommunikationskreisläufen, Information und Technik. Der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Max Bense führte moderne Disziplinen wie Kybernetik und Informationsästhetik ein, die ein „technisches Bewusstsein“ fördern. Bense definierte Methodologie als eine Art, komplexe technische und ästhetische Phänomene zu ordnen. 1964 entwickelte der Physiker und Kommunikationswissenschaftler Abraham Moles Benses Theorien der Information und Ästhetik weiter. Helmar G. Frank, eine Schlüsselfigur der Kybernetik und Strukturtheorie, ergänzte sie um theoretische Disziplinen.  Norbert Wiener hielt 1956 einen Vortrag über künstliche Grammatiken für Universalsprachen.

Eine harmonische Verbindung von Systemdenken, kybernetischen Ansätzen und analytischen Verfahren zielte auf die Gesellschaft der Zukunft ab. Dabei ging es weniger um Kontrolle als um eine Ästhetik der Hoffnung durch Kommunikation, um einen neuen logischen, technischen und analytischen Zugang zu generativen Gestaltungsprozessen, die dem Bauen der Zukunft eine Gestalt geben sollten.